Am Vorabend des Armageddon
vom 15. Februar 2003 um 00:36 von Markus Slobodeaniuk
'Hilf mir den Weg zu finden'. Deine Stimme dringt durch den Nebel zu mir, Deine Augen sehen mich flehend an. Kalt ist es hier, feuchte Nebenschwaden versperren die Sicht auf Dich, Du stehst da, in einen langen, grauen Umhang gehüllt, der kaum Dein Gesicht erkennen lässt. Eine Hand streckt sich nach mir aus.
Ich ergreife die Hand, sie ist kalt. Meine Finger umschließen sie, kleine Nebelschwaden steigen auf, als das Wasser auf Deiner Haut zu verdunsten beginnt. 'Welchen Weg suchst Du', meine Stimme klingt krächzend in der Kühle.
Eben noch ein kleines Leuchten in Deinem Blick, wird er nun wieder trübe, verhangen. Schleier scheinen sich in Deine Augen zu legen, obwohl sich der Nebel um uns nicht halten kann.
'Den Weg, den ich suche', antwortest Du, die Stimme halb gedämpft. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Die grauen Schleier um uns scheinen heller zu werden, als ein Stück des Tageslichtes durchdringt.
'Wohin führt dieser Weg, wohin willst Du gehen', Wärme liegt in meiner Stimme, meine Hände haben Deine ergriffen und halten Dich. 'Ich weiß nicht, ich will zu mir, dorthin, wo ich hingehöre', Deine Stimme klingt fester.
Der Nebel um uns weicht dem Sonnenlicht, gibt den Blick frei auf ein Hochplateau. Grüne Wiesen ziehen sich hin bis zum Rand dieser Ebene, dahinter liegen in der Ferne andere Gipfel, keiner so hoch wie dieser und alle mit einer harten Spitze, von Eis bedeckt.
'Du bist doch schon da', ich ergreife Deine Hände fester und nun stehen wir am Rande der Ebene, unser Blick gleitet über die riesigen Abgründe, weit hinaus in die Ferne zu einem strahlenden Horizont.
'Wie bin ich hierher gekommen', das Erstauen spricht aus Deiner Stimme, so klar eilen die Worte nun durch die reine Luft. Wieder umspielt ein Lächeln meine Lippen, breitet sich aus zu einem Lachen in meinem Gesicht, 'Du warst schon immer hier, es gibt keinen Weg hierher, Du bist immer hier gewesen'.
Dein Blick schweift über die fernen Berge, sie wirken so klein von hier. Dann siehst Du hinunter. Dort unten fließt das Magma auf seinem Weg, flüssige Steine beginnen die Schluchten zu füllen. Du wanderst den Fluss entlang und siehst die Mengen, die aus der Ferne kommen. Das warme Gestein bringt Wasser unter uns zum Kochen und es steigen Nebel auf.
'Ich will weg von hier, an einen anderen Ort', Deine Worte beginnen zu hallen in Nebelschwaden, die sich um uns bilden und das Tageslicht verdecken. Wasser beginnt sich auf Deinem Umhang abzusetzen, ein Rinnsal läuft die kleinen Falten entlang.
'Dann geh, geh den Weg, den Du gekommen bist und ändere seinen Lauf', ich muss schreien, um durch den dichten Nebel noch zu Dir zu gelangen, Dunstwolken hüllen mich ein, wenn das kühle Wasser in meine Nähe gerät.
Kaum wahrnehmbar bist Du noch. Durch die Wände aus kalten Wasser, dicht und jegliches Licht verschluckend, kann ich Deine Worte kaum noch hören, doch ich weiß längst, was Dein Mund formt: 'Du sagst, es gibt keinen Weg hierher, wie soll ich diesen dann zurücknehmen und ihn ändern'.
Meine Antwort versucht den Nebel zu durchdringen, der erstarrt ist, das Knacken des Magmas in der Ferne hat aufgehört und völlige Ruhe ist eingekehrt, doch die Worte können meine Lippen nicht mehr verlassen, selbst die Luft, die sie aufnehmen soll, bewegt sich nicht, nur meine Hände leiten noch Wärme, unaufhörlich.
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